
Allgemeine Informationen zum Strafverfahren

Ein Strafverfahren stellt für Beschuldigte meist eine sehr belastende Ausnahmesituation dar. Es geht um Freiheit, Geld, Beruf, Familie und Reputation.
Wer frühzeitig anwaltliche Unterstützung sucht, kann entscheidende Weichen stellen und vermeiden, dass sich belastende Hypothesen verfestigen.
1. Anfangsverdacht und Ermittlungsverfahren
Ein Strafverfahren beginnt mit einem Anfangsverdacht. Dieser kann auf ganz unterschiedlichen Anlässen beruhen, etwa einer Anzeige, einer Polizeikontrolle oder einer behördlichen Mitteilung. Damit beginnt das Ermittlungsverfahren, in dem Polizei und Staatsanwaltschaft ermitteln, Beweise sichern und Zeug:innen vernehmen.
Wichtig: Beschuldigte müssen zu keinem Zeitpunkt Angaben zur Sache machen.
Jede Aussage kann später gegen sie verwendet werden. Sagen Sie daher nichts, bevor Ihre Verteidigung Akteneinsicht hatte. Überlegtes Schweigen schützt Sie und gibt Ihrer Anwältin oder Ihrem Anwalt die Möglichkeit, gezielt zu reagieren.
2. Akteneinsicht und Verteidigungsstrategie
Erst die Akteneinsicht verschafft Klarheit darüber, welche Informationen den Ermittlungsbehörden vorliegen. Auf dieser Grundlage wird die Beweislage geprüft und gemeinsam mit dem Mandanten oder der Mandantin entschieden, ob und in welcher Form eine Stellungnahme erfolgen soll. Ziel ist es, belastende Hypothesen frühzeitig zu entkräften oder eine Einstellung des Verfahrens zu erreichen, bevor Anklage erhoben wird..
3. Haft und Haftbefehl
Ein Haftbefehl trifft Betroffene meist unerwartet. Untersuchungshaft darf nur angeordnet werden, wenn ein dringender Tatverdacht besteht und ein Haftgrund wie Fluchtgefahr, Verdunkelungsgefahr oder Wiederholungsgefahr vorliegt. In dieser Situation ist zu prüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen tatsächlich erfüllt sind, und ob eine Haftprüfung oder Haftbeschwerde Aussicht auf Erfolg hat.
Wichtig: In der Haft sollte ausschließlich mit der Verteidigung über den Tatvorwurf gesprochen werden. Gespräche mit Mitgefangenen, in Telefonaten oder per Brief können sind nicht sicher. Die Post kann mitgelesen werden.
4. Der Strafbefehl
Viele Strafverfahren enden nicht mit einer Hauptverhandlung, sondern mit einem Strafbefehl. Der Strafbefehl ergeht ohne Hauptverhandlung. Wer den Strafbefehl einfach hinnimmt, akzeptiert damit eine Verurteilung – mit allen strafrechtlichen Folgen, etwa Eintragungen im Führungszeugnis.
Tipp: Sie können innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung Einspruch einlegen. Lassen Sie den Strafbefehl daher unbedingt prüfen, bevor Sie ihn akzeptieren. Möglicherweise kann das Verfahren nach dem Einspruch auch noch eingestellt werden.
5. Anklage und Hauptverhandlung
Kommt es zur Anklage, entscheidet das Gericht, ob das Verfahren eröffnet wird. In der Hauptverhandlung werden Zeugen vernommen, Sachverständige angehört und Beweise gewürdigt. Eine erfolgreiche Verteidigung setzt hier gründliche Vorbereitung, rechtliche Präzision und taktisches Geschick voraus.
6. Urteil, Berufung und Revision
Nach der Hauptverhandlung fällt das Urteil. Gegen fehlerhafte Urteile können Rechtsmittel eingelegt werden:
- Berufung: neue Tatsachen- und Beweisaufnahme
- Revision: Überprüfung des Urteils auf Rechtsfehler
Ich prüfe die Erfolgsaussichten beider Wege und vertrete Mandant:innen auch in Revisions- und Wiederaufnahmeverfahren.
Wichtig: Die Berufung ist nur gegen amtsgerichtliche Urteil statthaft.
7. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
Wer eine Frist – etwa zur Revision oder Berufung – unverschuldet versäumt, kann unter bestimmten Voraussetzungen eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragen (§ 44 StPO).
Damit lässt sich verhindern, dass formale Fehler zum Verlust einer rechtlichen Chance führen. Voraussetzung ist, dass die Frist nicht schuldhaft versäumt wurde und dass der Antrag binnen einer Woche ab Wegfall des Hindernisses gestellt wird.
8. Verfassungsbeschwerde
Bei Verstößen gegen Verfassungsrecht gibt es die Verfassungsbeschwerde .Sie dient dem Schutz der Grundrechte, etwa wenn das Gericht gegen das Recht auf ein faires Verfahren oder gegen das Willkürverbot verstoßen hat. Die Anforderungen sind hoch. Eine sorgfältige Begründung ist entscheidend, um überhaupt zur Entscheidung zugelassen zu werden.
9. Wiederaufnahmeverfahren
Auch rechtskräftige Urteile können korrigiert werden. Ein Wiederaufnahmeverfahren (§ 359 StPO) ist möglich, wenn neue Beweismittel, falsche Gutachten, unechte Urkunden oder andere schwerwiegende Verfahrensfehler ans Licht kommen. Es ist die letzte Möglichkeit, ein Fehlurteil zu beseitigen und die Wahrheit nachträglich zu sichern.
Ich vertrete Verurteilte in Wiederaufnahmeverfahren bundesweit und verfüge über besondere Erfahrung in der Aufarbeitung komplexer Altfälle.
10. Warum frühes Handeln entscheidend ist
Viele Fehler entstehen in den ersten Tagen nach Einleitung eines Ermittlungsverfahrens. Frühzeitige Verteidigung bedeutet, Chancen zu erkennen, bevor sie verloren gehen. Eine kluge Strategie kann Verfahren oft beenden, bevor sie öffentlich werden oder eine Anklage erhoben wird.
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